Mittwoch, den 22. Juli 2020, Interview mit dem NDR
Ehemalige Malzfabrik „Wismaria“ wird nicht abgerissen
- Denkmalschutzbehörde erkennt Einzeldenkmal an -
Eine Vision des zukünftigen Quartiers am Mühlenteich
In der Pressemeldung Nr. 176/20 am 21.07.2020 wurde vom Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung bekanntgegeben, dass die Denkmalbehörde die „Wismaria“ nun offiziell als Einzeldenkmal ansieht und das Ministerium von seinem Abrissplänen Abstand genommen hat.
Herr Dr. Röhr, was waren Ihren ersten Gedanken, als Sie von der Pressemeldung des Ministers und den ersten Reaktionen in den Medien erfahren haben?
Ich habe mich sehr gefreut, dass wir mit unserer Ersteinschätzung des Gebäudes richtig lagen und nun auch vom Denkmalamt die offizielle Bestätigung gekommen ist. Ich bedaure allerdings sehr, dass es hierdurch nun wieder zu Verzögerungen in diesem Großprojekt kommt, bewundere aber den Mut und die positive Entscheidungsfreude von Herrn Minister Pegel, der diese Verzögerung bewusst in Kauf nimmt, um jetzt mit der Neubewertung aller noch in Betracht kommenden Varianten die Weichen zugunsten von mehr Zukunftsorientierung und Nachhaltigkeit in den Entscheidungsprozessen zu stellen.
Sehr schön auch, dass Herr Bürgermeister Beyer den Erhalt des Denkmals bereits begrüßt hat und unser Projekt gutheißt, obgleich der zeitliche Verzug ihm größere Kopfschmerzen bereiten dürfte und damit auch die Beseitigung des momentanen „Schandflecks“ Wismaria nun doch noch nicht so schnell wie von allen gewünscht erfolgen kann.
Wie bewerten Sie es, dass die Denkmalschutzbehörde die Wismaria als Einzeldenkmal einstuft?
Wie gesagt, ich begrüße die Einstufung der Wismaria als Einzeldenkmal von der Denkmalschutzbehörde und freue mich, dass nun die Wismaria mit einem durchdachten Konzept wieder neu zum Leben erweckt werden kann. Die ehemalige Malzfabrik Wismaria ist ein bedeutendes Bauwerk der Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts und zählte seinerzeit zu den modernsten und größten Fabriken dieser Nutzart in M-V. Sie ist Zeugnis sowohl der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt als auch des ganzen Landes. Durch die Einstufung der Denkmalschutzbehörde kann die Wismaria nun saniert und hierdurch der ganze Stadtteil wiederbelebt und neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Sie haben einen Vorschlag bezüglich der Trassenführung gemacht, wie sieht er aus? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Straßenbauamt?
Um das historisch wertvolle Denkmal zu retten und möglichst wenig weitere Zeit zu verlieren, habe ich den Vorschlag unterbreitet, die Trassenführung neben der Wismaria auf unserem Grundstück zu planen. Dies hätte viele Vorteile. Durch die Trassenführung neben der Wismaria zwischen den Häusern „Down Town“ und „Down Under“ wäre eine Vollsperrung der Hauptverkehrsader Hochbrücke nicht nötig und der Verkehr müsste nicht umgeleitet werden. Die Anbindung des Fahrrad- und Fußgängerweges auf der Brücke über eine Zugangsplattform an den Gebäudekomplex hätte den Charme, dass der Fahrrad- (e-bike) und Fußgängerverkehr aus der Stadt direkt in die Wismaria bzw. das angrenzende Fahrrad-Parkhaus einfließen könnte. Das würde die Nachhaltigkeit der Mobilität in Wismar sicher fördern und inspirieren. Besonders im Sommer, wenn der Verkehr durch die hohe Anzahl an Touristen zunimmt, wäre die Erkundung der Stadt und der alten Malzfabrik als Sehenswürdigkeit mit dem Fahrrad aus meiner Sicht bestimmt für viele Menschen eine gute Alternative zum Auto. Beim Straßenbauamt (SBA) habe ich diese Variante vorgestellt. In der Diskussion zeigten sich aber mögliche Probleme dieser Lösung sowohl bautechnischer Art, als auch durch die Nähe zu den angrenzenden Wohngebäuden und der Wismaria.
Die bisherige Zusammenarbeit und Abstimmung sowohl mit dem SBA, als auch mit der Stadt, war bisher immer sehr positiv und konstruktiv. Alle Projektbeteiligten sind nach meiner Wahrnehmung sehr bemüht, eine sinnvolle und schnelle Lösung zu finden. Ich schätze es sehr, dass das Straßenbauamt nun auch unsere eingebrachte Variante prüfen wird.
Dann würde ich mich gerne mit Ihnen darüber unterhalten, was Sie auf dem Gebiet rund um die Wismaria planen.
Auf dem Gelände möchte ich gerne ein Mehrgenerationenquartier errichten. Eine erste Vision gibt es bereits. Um das Denkmal qualitativ hochwertig zu sanieren und den Erhalt nachhaltig zu sichern, bedarf es jedoch eines in sich wirtschaftlich tragfähigen Gesamtkonzeptes. Rund Dreiviertel der Flächen sollen deshalb Wohnzwecken dienen und mithelfen, den akuten Wohnungsbedarf der Stadt vor allem im Bereich der Senioren, Studenten sowie der Interims-Arbeitskräfte zu decken. Des Weiteren sollen auch Non-Profit Segmente wie ein kleines Museum und vergünstigte Startup-Büros und Ateliers für Studenten mit im neuen Quartier berücksichtigt werden. Ziel des Projektes und gleichsam unser Anspruch ist es, den Stadtteil wieder zu beleben und einen wirklichen Mehrwert für die Gesellschaft und die Bürger der Hansestadt Wismar zu schaffen.
Das Interview mit Dr. Röhr hat am 22. Juli 2020 geführt:
Sebastian Giebel
Norddeutscher Rundfunk
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